Projekte
Im Folgenden stellen wir Ihnen ausgewählte
Projekte vor, die unsere Arbeitsweise verdeutlichen und
Lösungsansätze zu speziellen Themen aufzeigen.
Erfolgreiche
Wiederansiedlung der Flussperlmuschel bei Regensburg
In einem
kleinen Perlgewässer bei Regensburg wachsen wieder junge
Flussperlmuscheln im Alter von unter 10 Jahren auf: Nach
ersten Zufallsfunden in den Jahren 2012 und 2013 ergab
eine Rasterkartierung in 2014 eine Bestandesschätzung von
1.750 Tieren im Alter bis 7 Jahren. Da die Altmuscheln mit
Beginn der Maßnahmen ausgestorben waren, stammen die
Muscheln ausschließlich aus Artenhilfsmaßnahmen seit 2006.
Nach dem Lutterprojekt in Niedersachsen ist es damit zum
zweiten Mal gelungen, das natürliche Aufwachsen einer
größeren Zahl an Jungmuscheln in einem
Flussperlmuschelgewässer neu zu ermöglichen.
Voraussetzung für die Wiederansiedelung war die
erfolgreiche Minimierung bestehender Belastungen am
Gewässer und in seinem Einzugsgebiet. Vor dem
Wiederansiedlungsversuch wurde die Eignung der Wasser- und
Sedimentqualität für Jungmuscheln durch eine Studie
geprüft. Seit 2006 werden im Auftrag des
Landschaftspflegeverbandes Regensburg jährlich in einem
genetisch nahe verwandten Bestand im Bayerischen Wald
Muschellarven gewonnen und direkt im Anschluss in einem
Wannenbad an den Kiemen von Bachforellen aus dem
Zielgewässer infestiert. Danach werden die Fische
unverzüglich wieder ausgesetzt. mehr
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Gewässerverträgliche
Landwirtschaft
In den
Einzugsgebieten der Muschelgewässer im sächsischen und
bayerischen Vogtland hat die landwirtschaftliche Nutzung
bislang einen vergleichsweise geringen
Intensivierungsgrad. Momentan zeichnet sich jedoch ab,
dass die Landwirte die Wertschöpfung aus den Flächen
künftig steigern müssen, um auf dem Markt konkurrenzfähig
sein zu können. Aktuell stellt sich daher die Frage, wie
die besonders hohen Ansprüche der Flussperlmuschel durch
eine ökonomisch rentable Landwirtschaft erfüllt werden
können.
Vorüberlegungen zu einer flussperlmuschel-verträglichen
Landwirtschaft, die wir für das Bayerische Landesamt für
Umwelt (Augsburg) in Thesen
zusammengefasst haben, deuten darauf, dass nur eine sehr
extensive und konservierende, nicht aber eine vorrangig
produktionsorientierte Landbewirtschaftung ohne negative
Auswirkungen auf die Muschelgewässer wäre. Daher sieht
unser Konzept für den Gewässerschutz in der
Kulturlandschaft eine Kombination aus moderaten
Extensivierungsschritten und Maßnahmen zum naturnahen
Stoffrückhalt am Gewässernetz vor (s.u. und
Einzugsgebietsstudien).
Können
Signalkrebse die Flussperlmuschel schädigen?
An einem Perlgewässer in der
Oberpfalz wurden ungewöhnliche Beschädigungen an lebenden
Flussperlmuscheln beobachtet, für die der eingeschleppte
Signalkrebs verantwortlich zu sein schien. Im Auftrag des
Fischereiverbandes Oberpfalz e.V. führten wir im Sommer
2008 eine Inventur der Schäden und der Krebspopulation
durch.
Rund 40% aller untersuchten Muscheln zeigten Anzeichen von
Krebsübergriffe: Die Schalenenden mancher
Flussperlmuscheln waren mechanisch zerstört, so dass die
Muschel ihre Schale im Extremfall nicht mehr vollständig
schließen konnten. Bei einigen Krebsen, die innerhalb der
von Muscheln besiedelten Strecke gefangen wurden, war der
Scherenfinger oder das Scheren-Endglied abgebrochen. Dies
wurde als Indiz dafür gedeutet, dass die Krebse
tatsächlich Urheber der Schäden an den Muschelschalen
sind: Die angegriffenen Muscheln können durch
Schalenschluss die Scherenspitze des Angreifers einklemmen
und abbrechen.
Im Gewässer wurde durch einmalige Bereusung in 100m -
Abständen eine durchgängige Signalkrebsbesiedlung auf
einer Strecke von knapp 7 km ermittelt. Messungen
legten nahe, dass die obere Verbreitungsgrenze durch die
geringere Wassertemperatur bestimmt ist. Im
muschelführenden Abschnitt wurden bei einer
Fang-Wiederfang Untersuchung an vier Terminen insgesamt
1.383 Signalkrebse in zwei Probestrecken von je 100 m
Länge nachgewiesen. Die Auswertung der Fangergebnisse mit
einem Closed-Captures Ansatz schätzte den Krebsbestand
auf 2.350 Tiere. Eine daraus abgeleitete,
vorsichtige Hochrechnung bezifferte die Krebspopulation
innerhalb der 1,1 km langen, von Perlmuscheln besiedelten
Strecke auf rund 13.000 Individuen.
Wir schätzen die Schädigung der Muscheln durch
Signalkrebse als ernste Bedrohung des ohnehin
überalterten und stark im Rückgang begriffenen
Flussperlmuschelbestandes im betroffenen Bach ein. Zu
möglichen Schutzmaßnahmen zählen die Evakuierung der
Muscheln in nicht von Krebsen besiedelte Abschnitte oder
Seitengewässer sowie der Versuch der Schadensminderung
durch permanentes Ausfischen der großen, aktiven Krebse.
Bei den Freilandarbeiten zu diesem Projekt wurden wir
tatkräftig von Frau Stefanie Landgraf, die Daten für ihre
Facharbeit am Josef-von-Fraunhofer-Gymnasium / Cham erhob,
unterstützt. siehe auch Veröffentlichungen:
Schmidt & Landgraf 2009 und Schmidt & Vandré 2012
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Bayerns
UrEinwohner - Projekt "Von Muscheln und Menschen"
Die
Flussperlmuschel- vorkommen Bayerns sind - bis auf wenige
Ausnahmen - stark überaltert und in den letzten
Jahrzehnten massiv im Rückgang begriffen. Am Beispiel des
kulturhistorisch bedeutsamen Perlenbaches zwischen
Schönwald und Rehau haben wir versucht, aus einem
historischen Blickwinkel heraus Gründe für diese
Entwicklung zu finden. Hierzu wurde die frühere Gewässer-
und Landnutzung im Einzugsgebiet recherchiert. In
Gesprächen mit Ortsansässigen wurde der Wandel
insbesondere seit dem zweiten Weltkrieg erörtert.
Tiefgreifende Veränderungen betrafen den Anfall und Umgang
mit häuslichen und industriellen Abwässern, die Methoden
der Flächenbewirtschaftung, Düngetechnik und -aufkommen
sowie Eingriffe in die Gewässer selbst wie Verrohrung oder
Begradigung. Dieser Landschaftswandel wird in einer Broschüre
beschrieben, u.a. in einer Gegenüberstellung alter und
aktueller Geländekarten illustriert und in den Aussagen
der befragten Zeitzeugen dokumentiert.
Das Projekt haben wir im Auftrag und in Zusammenarbeit mit
den Landschaftspflegeverbänden Landkreis und Stadt Hof
e. V. und Naturpark Fichtelgebirge e. V. -
Landschaftspflegeverband im Landkreis Wunsiedel im
Fichtelgebirge durchgeführt. Es ist Teil der
Kampagne Bayerns UrEinwohner der
Bayerischen Landschaftspflegeverbände und des Bayerischen
Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und
Verbraucherschutz. Mit ihr wird auf einzigartige,
schützenswerte bayerische Tier- und Pflanzenarten
aufmerksam gemacht.
Flussperlmuschel
und die Landnutzung im Einzugsgebiet sächsischer
Perlgewässer
Im Auftrag des Zweckverbandes
"Naturpark Erzgebirge/ Vogtland" wurde eine Studie zur
Belastung der sächsischen Flussperlmuschelgewässer durch
die Landwirtschaft erstellt. Mit dem Blick auf die diffuse
Belastung aus dem gesamten Einzugsgebiet hat diese
Untersuchung Pilotcharakter. Sie wurde in Zusammenarbeit
mit dem Ingenieurbüro
Lenz, Ringelai erstellt.
- siehe auch Einzugsgebietsstudien
-
Vor allem Nährstoff- und Schlammeinträge belasten den
Lebensraum der Flussperlmuschel. Erosion, Auswaschung
überschüssiger Nährstoffmengen und Düngerabschwemmung sind
der Beitrag der Landwirtschaft. An Hand von Hochrechnungen
neu erhobener und vorhandener Daten wurde deutlich, dass
der Landwirtschaft neben den kommunalen Abwässern eine
wesentliche Verantwortung für die Minderung der Belastung
und die Sanierung der Perlgewässer zukommt.
Die Belastungen wurden durch Kartierung und
Datenauswertung begutachtet und bewertet. Es zeigte sich,
dass Belastungsschwerpunkte oft weit entfernt von den
Hauptbächen und damit in der Regel außerhalb der
Schutzgebiete liegen. Stickstoffmessungen in Seitenbächen
und Dränagewässern zeigten, dass vor allem aus den
Ackerflächen und in geringerem Maße aus dem Grünland
Stickstoff ausgetragen wird. Die Wälder trugen trotz der
atmosphärischen Stickstoffeinträge noch nicht zur
Stickstoffbelastung bei. Die Kartierung der Einzugsgebiete
ergab zudem, dass viele Ackerflächen durch Grünland gut
vom Gewässernetz abgeschirmt sind. Einige Schläge haben
jedoch über Gräben und Seitengewässer einen direkten
Anschluss an die Perlgewässer. Hier wurden flächenscharfe
Maßnahmenvorschläge wie die Anlage von Dauerbegrünungen
und Feuchtflächen zum Nährstoffrückhalt abgeleitet.
Zusätzlich wurden Feuchtflächen zur Denitrifikation von
ausgewaschenem Stickstoff vorgesehen.
Aus den Habitatansprüchen der Flussperlmuschel wurden
allgemeine Minderungsziele für die Belastung abgeleitet.
Danach müssen die N- und P- Austräge etwa um die Hälfte
bis zwei Drittel reduziert werden. Diese Minderungen sind
gleichermaßen von der Landwirtschaft und der
Abwasserwirtschaft zu fordern.
Hieraus wurden u.a. folgende konkrete Ziele abgeleitet:
Der N-Bilanzüberschuss muss auf im Schnitt 25 bis 35 kg
N/ha gesenkt werden. Die Bodenerosion muss weitgehend
unterbunden werden. Auf Risiko-Ackerstandorten mit
Anschluss an das Gewässer muss ein strenger Erosionsschutz
oder die Umwandlung in Grünland gefordert werden.
Düngerabschwemmungen müssen durch geeignete Techniken wie
z.B. Gülle-Injektionsgrubber und optimierte
Ausbringungszeitpunkte unterbunden werden.
In Gesprächen mit den Landwirten wurden die
Wirtschaftsweisen und Betriebsstrukturen erfasst. Es
zeigte sich, dass alle befragten Betriebsleiter
grundsätzlich bereit sind, Maßnahmen zum Gewässerschutz
auf ihren Flächen zu akzeptieren oder an ihnen
mitzuwirken.
LIFE-Natur Projekt
abgeschlossen
Im Juli 2007 wurden im Life-Natur Projekt Großmuscheln
im Dreiländereck Bayern-Sachsen-Tschechien unter
Trägerschaft des Bezirkes Oberfranken die letzten Arbeiten
zum Schutz von Flussperlmuschel und Bachmuschel
abgeschlossen.
Zu Projektende wurden natürlich aufgekommende junge
Flussperlmuscheln und auch junge Bachmuscheln
nachgewiesen. Die Bachmuscheln stammen aus der jährlich
durchgeführten Infektion der im Gewässer lebenden
Wirtsfische.
Die Schutzbemühungen im Dreiländereck gehen weiter.
Nährstoff- und Schlammeinträge aus landwirtschaftlich
genutzten Flächen belasten noch immer über die
Seitengewässer die Muschelbäche und müssen weiter
verringert werden. Die Feinsedimenteinte werden bereits in
neu angelegten Schlammfängen teilweise zurückgehalten.
Diese Schlammfänge müssen längerfristige unterhalten
werden.
Weiter sollen die direkten Artenhilfsmaßnahmen in Form
künstlicher Wirtsfischinfektionen fortgeführt werden, um
die begonnene Verjüngung der Bestände zu forcieren.
Erfahrungsaustausch
mit finnischen Kollegen
Da wir der Ansicht sind, dass nur der Blick
von außen eine objektive Wahrnehmung der eigenen Arbeit
erlaubt, stehen wir seit Beginn unserer Tätigkeit im
Umfeld des Themas „Flussperlmuschel” in regem Kontakt mit
deutschen und ausländischen Muschelfachleuten und besuchen
andere Projekte.
Neben Exkursionen zu tschechischen, schottischen,
britischen, irischen, dänischen, französischen und
belgischen Kollegen haben wir im September 2006 zusammen
mit finnischen Spezialisten Flussperlmuschelgewässer
nördlich des Polarkreises bereist. mehr
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