Lappländische Reise 2006
Motivation für unsere Exkursion war die
hierzulande geführte Diskussion um die Nahrung der
Flussperlmuschel und damit auch das „richtige” Management
der Gewässereinzugsgebiete. Aus diesem Grund wollten wir
uns intakte Bestände in natürlichen, d.h. anthropogen kaum
veränderten Lebensräumen anschauen.
Ziel unserer Reise war der
Urho-Kekkonen-Nationalpark im Nordosten von Finnland an
der russisch-karelischen Grenze. Er wurde 1983 gegründet
und hat eine Fläche von mehr als 2.550 qkm. Diese Region
ist altes Siedlungsgebiet der Samen: Sie brachten um 1870
die ersten Rentierherden hierher. Heute leben im
Parkgebiet mehr als 20.000 domestizierte Rentiere. Wild
lebend kommen hier u.a. Bären, Elche, Vielfraße und
Steinadler vor.

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Die besuchten Perlmuschelgewässer
liegen weit entfernt von menschlichen Siedlungen
in bodensauren, lichten Birken-Kiefern-Wäldern mit
Unterwuchs aus u.a. Moosen, Flechten, Heidel-,
Preisel- und Rauschebeere.
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Hohe Bestandesdichte von vielen
Tausend Tieren lässt keinen unbedachten Schritt im
Flussbett zu. Obwohl Niedrigwasser herrscht, ist
die Suche nach den Muscheln nicht so einfach…
(Foto: K. Möller)
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…denn trotz sehr geringer
elektrischer Leitfähigkeiten (um 10 µS/ cm)
überzieht ein dichter Algenteppich den
Gewässergrund. Den Muscheln scheint es nicht zu
schaden: Die Sterblichkeit innerhalb der
Population ist sehr gering und die jährlichen
Zuwachsstreifen auf den Schalen sind
beeindruckend.
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Es gibt aber auch hier Probleme,
denn flussabwärts in Russland verhindern
Kraftwerke seit Jahren den Aufstieg von Lachsen
und Forellen, so dass der Wirtsfischbestand für
eine natürliche Verjüngung des Muschelbestandes in
diesem Gewässer viel zu gering ist.
In einem Seitengewässer mit natürlichem
Bachforellenbestand finden wir jedoch innerhalb
kürzester Zeit auch Muschelnachwuchs. Die
Jungtiere sind um die 5 Jahre alt.
Von links: Robert Vandré, Christine Schmidt und
Anti Holmen von Metsähallitus, einer staatlichen
Organisation, die die Flächen und Gewässer im
Staatsbesitz verwaltet und betreut. (Foto: K.
Möller)
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Mitten im Nationalpark entspringt
unmittelbar aus einem kleinen See ein Perlbach.
Obwohl in dem See auf Grund der Nährstoffarmut im
Einzugsgebiet kaum Primärproduktion stattfindet,
leben direkt am Seeausfluss die ersten
Flussperlmuscheln. (Foto: K. Möller)
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Die Besiedelung zieht sich dann ein
paar Kilometer bachabwärts. Auch hier zeigt die
Flussperlmuschelpopulation einen natürlichen
Aufbau mit allen Altersstadien. Das Gewässer ist
schon kurz unterhalb des Sees rotbraun von
Huminstoffen, die aus dem Bachumgriff mit seiner
„sauren” Vegetation eingeschwemmt werden.
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In Mitteleuropa ist die konsequente
Fernhaltung von Düngeüberschüssen, wenn möglich die
Vermeidung der Düngung überhaupt, ein wesentliches Ziel
der Sanierung von Perlgewässer-Einzugsgebieten.
Ungedüngte, aber weiterhin genutzte Quellfluren und
Bachauen verhagern und entwickeln sich oft zu binsen- und
seggenreichen Wiesen. Von diesen "sauren" Wiesen wird
angenommen, dass sie v.a. den jungen Flussperlmuscheln
nicht die richtige Nahrung liefern können.
Wir glauben, an den extrem ausgehagerten skandinavischen,
irischen und schottischen Perlmuschelvorkommen gelernt zu
haben, dass diese Bedenken unbegründet sind.
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